Filmfans in der 90ern: Wir waren Hardcore
EIN SUPER ARTIKEL MIT VIELEN FAKTEN UND ORIGINAL QUELLEN AUS DER ZEIT ÜBER DIE ZENSURWUT DER 90er IN DER BRD UND WIE MAN DAMALS DOCH AN DIE UNCUT VERSIONEN GEKOMMEN IST, OHNE INTERNET!!
DER ARTIKEL IST NICHT VON MIR ABER ER WECKT GENAU DIE ERINNERUNGEN AN DIE DAMALIGE ZEIT (UND ICH DENKE DER EINE ODER ANDERE WIRD SICH UND SEINE ERFAHRUNGEN EBENSO WIEDERFINDEN). VIEL SPAß BEIM LESEN:
Die 90er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Der Kalte Krieg war beendet, Ost und West wiedervereint, die Berliner Mauer niedergerissen. Religiöser Fanatismus war noch in der weiten Ferne, an einem jahrelangen War on Terror dachte noch niemand. Die Welt lag sich in den Armen, das Party-Jahrzehnt war angebrochen.
Doch galt dies nicht für alle Bevölkerungsgruppen Deutschlands. Für den gemeinen Horrorfilmfan, erkennbar an blasser Haut und Metalshirt, waren die 90er ein Jahrzehnt der Unterdrückung. 1992 schwappte eine Indizierungswelle unerkennbaren Ausmaßes über das Land, die letztlich darin resultierte, dass bis Januar 1998 2652 Filme in Deutschland auf dem Index standen. Zusätzlich waren bis dato (nach §131) 123 Filme verschiedener Medien beschlagnahmt - von Video über Laserdisc bis hin zu Kinofilmen. Darunter fielen unzählige Klassiker des Horrorgenres, so z.B. Sam Raimis Independent-Smasher „Tanz der Teufel“ oder George A. Romeros Horror-Apokalypse „Zombie“.
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Hinzu kam die berühmte Schere im Kopf. Die Massen-Indizierungen zeigten Wirkung und Filmverleiher- und vertriebe schnitten ihre Werke im Vorraus - für eine massenkompatible FSK-Freigabe und aus Angst vor dem Werbe- und Vertriebstod, der Indizierung und/oder Beschlagnahmung. Natürlich spielte auch ein gewisser Profitgedanke eine Rolle - allerdings nicht so, wie die meisten Filmfans es wohl denken mögen. Filme mit einem FSK 18-Siegel mußten für ein Kinorelease den vollen Mehrwertsteuersatz begleichen (damals 15%), während Filme mit einer FSK 16-Freigabe (und/oder niedriger) lediglich 7% entrichten mussten. Für einige Verleiher und Vertriebe, die sich auf härtere Action- oder Horrorkost spezialisierten, war dies natürlich ein brutaler Wettbewerbsnachteil - alleine schon deswegen, da ihre Produkte in der Regel für die Masse eh schon Nischenfilme darstellten und die Gewinnspanne dementsprechend gering war. Für größere Verleiher war dies aber natürlich auch Anlass auf Teufel komm raus eine FSK 16-Freigabe zu erlangen. 18er-Filme im Kino, die sogar noch vollkommen ungeschnitten waren, stellten ab Mitte der 90er die absolute Ausnahme dar.
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Es war in der Regel unmöglich selbst Hollywood-Blockbuster-Kost wie „Bad Boys“ (1995), „The Rock“ (1996) oder „Con Air“ (1997) ungeschnitten in den Lichtspielhäusern zu sehen. Für den Heimvideomarkt fast ausgeschlossen. Hier wurden alle Genres zerschnitten - ohne Rücksicht auf Verluste - teils um kleinere Gewaltspitzen („Hellraiser III“), manchmal sogar um jedwede Gewalt trotz FSK 18-Siegels („Braindead“) oder um komplette Handlungsstränge („Fortress - Die Festung“). Was dann als noch zu brutal für den volljährigen Deutschen galt, wurde zusätzlich indiziert oder gar beschlagnahmt. Es kam sogar vor, dass Videovertriebe einen Film komplett vom Markt nahmen, da sie eine kommende Beschlagnahmung fürchteten, so etwa geschehen mit dem Video zu „Ritter der Dämonen“, der am 18.10.1995 veröffentlicht und bereits nach einem halben Jahr, am 30.04.1996, indiziert wurden ist. Kurze Zeit später forderte der Vertrieb Universal/CiC die Videotheken in ganz Deutschland auf, ihre Tapes zum Film entweder zurückzuschicken oder ganz zu vernichten, da eben eine Beschlagnahme drohen würde (der Antrag war bereits gestellt). Wird ein Film beschlagnahmt, so wird nicht nur der Film selber eingezogen - auch der Vertrieb kann dann wegen Verbreitung gewaltverherrlichender Medien direkt zur Rechenschaft gezogen werden. Universal/CiC blieb somit kaum eine Wahl, als ihr eigenes Produkt offiziell einzuziehen und zu zerstören. Erst sieben Jahre später erschien der Film auf DVD - ungeschnitten, aber weiterhin indiziert.
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Bei der offiziellen Fortsetzung des Films, „Bordello of Blood“, ging Universal daraufhin auf Nummer Sicher, setzte bei 30 Szenen die Schere an und schnitt bereits im Vorfeld runde 5 Minuten an Gewaltdarstellungen heraus. Es blieb nur noch ein Torso des einstiegen Fun-Splatters übrig, der teilweise sogar die eigentliche Filmhandlung nicht mehr nachvollziehbar machte. Trotzdem erhielt der Film eine FSK 18-Freigabe und wurde zusätzlich indiziert. Die Frustration unter Filmfans war natürlich dementsprechend groß und „Bordello of Blood“ ist nur eines von sehr vielen Beispielen. In den 90ern wurde kaum ein Horrorfilm ohne Schnittauflagen seitens der FSK (wohlgemerkt für eine 18er-Freigabe) oder einer drohenden Indizierung veröffentlicht. Deutsche Videotheken stellten im Grunde nur noch ein Horrorkabinett an zerstückelten Filmen dar. Bei Neuveröffentlichungen konnte sich kein Horrorfilmfan sicher sein, für sein investiertes Geld auch wirklich die vom Regisseur beabsichtigte Version präsentiert zu bekommen.
WEITER GEHTS HIER: http://www.videoraiders.net/default....ikel.php&id=33 (übrigens auch so ne super Seite für die Fans von Filmen abseits des Mainstreams)