Wenn Du meine Postings liest, siehst du daß ich in diesem Zusammenhang immer von einer ausgewogenen Ernährung ausgegangen bin, also ca. 50% der Nahrungskalorienzufuhr über KH. Bei dieser Menge ist die Bauchspeicheldrüse quasi "in ihrem Element", in einem optimalen Arbeitsbereich.
Mich würde mal interessieren, mir welcher Berechtigung Du eine Ernährung, die zu 50% aus Carbs besteht als „ausgewogen“ bezeichnest.
Ob die menschliche Gattung durchweg an eine solche Ernährung angepasst ist, darf vor dem Hintergrund ihrer Entwicklungsgeschichte als fraglich gelten [1, 2].
Desweiteren würde mich interessieren auf welcher Grundlage Du die durchschnittliche relative Fettzufuhr als zu hoch einschätzt.

Also erklär mir bitte nochmal, wieso gerade eine Senkung des KH-Anteiles bzw. Erhöhung des Fettanteiles unserer Nahrung eine Maßnahme zur DM-Prävention sein soll?
Die Erklärung ist simpel: Während der Glycemic Load einen unabhängigen Risikofaktor für Diabetes darstellt [3], trifft dies im Bezug auf das Fett nicht zu [4]. Die Reduktion des GL durch Verminderung des Glycemic Index und/oder der Kohlehydratmenge macht daher in der Prävention [5] als auch in der Behandlung [6] des Typ II Diabetes Sinn.
Die Erhöhung der Fettsäuren im Blut ist zudem nur dann relevant, wenn auch tatsächlich Kohlehydrate gegessen werden. Der erhöhte Spiegel freier Fettsäuren bei einer Ketodiät führt dementsprechend auch nicht zu einer Hyperinsulinämie, sondern zu einer deutlichen Verringerung des Basalinsulinspiegels [7]. Zudem konnten z.B. Samaha et al.[8] zeigen, dass eine kohlehydratreduzierte Reduktionsdiät bei Übergewichtigen Personen die Insulinsensibilität als auch die Triglyceridspiegel unabhängig vom Gewichtsverlust günstiger beeinflusst als eine konventionelle LowFat-Reduktionsdiät. Ähnliches konnten Volek et al. [9] feststellen.

Wie gesagt, nicht die Insulinspitzen nach dem Essen führen zum Ausbrennen der B-Zellen, wie Du geschrieben hast, sondern im Endeffekt die Fettsäuren im Blut...
Das ist nur die halbe Wahrheit! Die postprandialen Glucose- und Insulinpeaks spielen eine entscheidende direkte Rolle bei der Entstehung des Typ II Diabetes! Ob hier mehr der Insulinpeak, der Glucosepeak oder beide eine Rolle spielen, ist bisher unklar.[3]
Nicht zu vergessen: Die postprandiale Hyperglykämie nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit mit hohem GI ist nicht nur Risikofaktor für Diabetes, sondern auch für Herz-Kreislauferkrankungen allgemein, sowie Krebs. [5]

...aber es ist wohl unbestritten, daß der Zusammenhang Adipositas-Diabetes im Vordergrund steht...
...unbestritten! Hier zeigt sich der Glycemic Load - wie bereits erwähnt - als zweifach problematisch, da er nicht zuletzt eben auch ein möglicher Risikofaktor für die Entwicklung von Übergewicht ist [10, 11, 12].

Bestenfalls fraglich? Kommt meistens ganz darauf an, wie populärwissenschaftlich das Ganze diskutiert wird. Ist jetzt nicht gegen Dich persönlich gemeint, sondern generell ein auffälliger Trend bei diesem Thema.
...Du willst doch nicht wirklich behaupten, dass Fachzeitschriften wie das Am. J. Clin. Nutr. im Verruf stehen populärwissenschaftlich zu sein.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Im Sinne einer Risikoprävention für Diabetes ist es nicht zwangsläufig notwendig, die Kohlehydrate zu reduzieren. Eine Reduktion des GI dürfte in der Regel ausreichend sein.
Dennoch ist es wichtig, einen Blick für die diätischen Kohlehydrate zu bekommen. Nicht umsonst schreibt Weinberg [13]:

The low-fat “diet– heart hypothesis” has been controversial for nearly 100 years. The low-fat– high-carbohydrate diet, promulgated vigorously by the National Cholesterol Education Program, National Institutes of Health, and American Heart Association since the Lipid Research Clinics-Primary Prevention Program in 1984, and earlier by the U.S. Department of Agriculture food pyramid, may well have played an unintended role in the current epidemics of obesity, lipid abnormalities, type II diabetes, and metabolic syndromes. This diet can no longer be defended by appeal to the authority of prestigious medical
organizations...
[1] Vgl. Keefe et al.: Cardiovascular Disease Resulting From a Diet and Lifestyle at Odds With Our Paleolithic Genome: How to Become a 21st-Century Hunter-Gatherer, in: Mayo Clin Proc. 2004;79:101-108.

[2] Vgl. Colagiuri; Brand-Miller: The 'carnivore connection'--evolutionary aspects of insulin resistance, in: Eur J Clin Nutr. 2002 Mar;56 Suppl 1:S30-5.

[3] Willett et al.: Glycemic index, glycemic load, and risk of type 2 diabetes, in: Am J Clin Nutr. 2002 Jul;76(1):274S-80S.

[4] Salmerón et al.: Dietary fat intake and risk of type 2 diabetes in women, in: Am. J. Clinical Nutrition, Jun 2001; 73: 1019 - 1026.

[5] Brand-Miller: Glycemic Load and Chronic Disease, in: Nutr Rev. 2003 May;61(5 Pt 2):S49-55.

[6] Brand-Miller et al.: Low–Glycemic Index Diets in the
Management of Diabetes, in: Diabetes Care 26:2261–2267, 2003.

[7] Sharman et al.: A ketogenic diet favorably affects serum biomarkers for cardiovascular disease in normal-weight men, in: J Nutr. 2002 Jul;132(7):1879-85.

[8] Samaha et al.: A low-carbohydrate as compared with a low-fat diet in severe obesity, in: N Engl J Med. 2003 May 22;348(21):2074-81.

[9] Volek et al.: Comparison of a very low-carbohydrate and low-fat diet on fasting lipids, LDL subclasses, insulin resistance, and postprandial lipemic responses in overweight women, in: J Am Coll Nutr. 2004 Apr;23(2):177-84.

[10] Brand-Miller et al.: Glycemic index and obesity, in: Am J Clin Nutr. 2002 Jul;76(1):281S-5S.

[11] Ludwig: Dietary Glycemic Index and Obesity, in: J. Nutr. 130: 280S–283S, 2000.

[12] Weitere Literatur, siehe oben.

[13] Weinberg: The Diet–Heart Hypothesis: A Critique, in: J Am Coll Cardiol 2004;43:731–3, S. 731.