Ich habe die ganze Diskussion zwar nur überflogen, möchte aber dennoch ein paar Anmerkungen machen...
Fakt ist: Whey ist weder ein Wundermittel, noch kann es die normale Nahrung ersetzen!
Worin
könnte der potenzielle Vorteil von Whey-Protein
im Sinne eines Supplementes liegen? Ganz klar: Whey-Protein erscheint sehr schnell und massiv im Blut. Dieser AS-Peak stellt meines Wissens an sich bereits einen anabolen Reiz dar (die Proteinsynthese wird angekurbelt), der so z.B. mit langsamen Proteinen in der Regel nicht erreicht wird.
Davon abgesehen kann man wohl davon ausgehen, dass ein Whey-Protein mit kurzkettigen Peptiden eine stärkere Insulin-Antwort hervorruft als langsame Proteine (das hängt wiederum mit dem stärkeren AS-Peak zusammen).
Gibt es nun handfeste Beweise dafür, dass Whey anderen Pre- bzw. Postworkout-Proteinen tatsächlich überlegen ist? Nein, die gibt es nicht! Es gibt ja nicht mal wirklich handfeste Beweise dafür, dass Postworkout-Proteine überhaupt einen Vorteil bieten. Genau genommen ist ja sogar die Frage nach der optimalen Gesamt-Proteinzufuhr an sich noch immer umstritten. Nach meiner Wahrnehmung kann die Wissenschaft bis heute nicht endgültig beurteilen, was für Bodybuilder als "optimale" Proteinzufuhr gelten kann.
Das Problem, mit dem der Kraftsportler konfrontiert ist, liegt darin, dass er schlicht und einfach nicht auf die abschließende Klärung dieser Frage durch die Wissenschaft warten kann. Er benötigt ein Fazit für den Alltag - fernab jeder kontroversen wissenschaftlichen Debatte.
Und hier zeigt sich: Es gibt zumindest einige wichtige
Anhaltspunkte die dafür sprechen, dass Pre- bzw. Postworkout-Proteine sehr wohl Sinn machen.
So kommen auch Lambert et al. zu folgendem Fazit:
...although acute amino acid ingestion increases protein synthesis it is uncertain whether this results in muscle mass gains over the long term.
However, it is our recommendation that individuals who engage in resistance exercise should ingest amino acids/protein prior to or immediately after the end of their training sessions, as this may enhance long-term muscle hypertrophy. It is unclear at present what the optimal form of protein is for maximal enhancement of net protein balance.
Ähnlich schlussfolgert Wolfe:
A strong theoretical basis exists for expecting a beneficial effect of a protein supplement in active people. Amino acid intake stimulates the transport of amino acids into muscle, and there is a direct link between amino acid inward transport and muscle protein synthesis. However, some experimental data suggest that exercise may actually decrease the protein requirements necessary to maintain balance. Nevertheless, it can be speculated that a protein supplement should be useful to stimulate net muscle protein synthesis, particularly if the supplement has the optimal proportion of individual amino acids.
Und es gibt Anhaltspunkte dafür, dass ein massiver AS-Peak, welcher möglichst rasch nach dem Training auftauchen sollte scheinbar günstige Wirkungen haben kann.
Folglich gibt es zumindest auf theoretischer Ebene Argumente die für (Whey)-Post-Workout-Protein sprechen.
Nebenbei: Nach der derzeitigen Erkenntnislage ist ein Proteinshake vor bzw. nach dem Training deutlich potenter als die Zuckergeschichte. Für den BB geht es schließlich nicht in erster Linie um die Glycogensynthese, sondern vielmehr um Proteinsynthese bzw. N-Bilanz. Und diesbezüglich wirkt Protein deutlich besser als Dextrose und dergleichen (Vgl. Borsheim et al.). Von daher kann ich nicht nachvollziehen, dass hier bestimmte Personen dem Proteinshake eine Absage erteilen und gleichzeitig den weniger potenten Zucker empfehlen.
Im Übrigen wird niemand bezweifeln, dass im Hinblick auf das Muskelwachstum natürlich der Trainingsreiz an sich das A und O darstellt und nicht ein wie auch immer gearteter Proteinshake. Von daher verstehe ich auch nicht, warum dies hier in die Diskussion eingebracht wird. Ebenso wenig geht es hier um das Vorbeugen des Muskelabbaus, was ja auch angesprochen wurde. Hier geht es einzig und allein darum, wie man das Muskelwachstum maximieren kann. In diesem Zusammenhang macht es daher auch wenig Sinn, über den AS-Pool als AS-Reserve zu philosophieren. Diese Argumente gehen m.E. vollständig am Thema vorbei.
Und um der Unterstellung vorzubeugen, ich wäre "Supp-Industrie-gesteuert" schiebe ich noch etwas Literatur zu diesem kontroversen Thema nach, welche m.E. weitgehend auch obiges Statement untermauert:
Manninen: Protein hydrolysates in sports and exercise: A brief review. In: Journal of Sports Science and Medicine (2004) 3, 60-63.
Williams et al.: Is glucose/amino acid supplementation after exercise an aid to strength training? In: Br J Sports Med 2001;35:109-113
Lambert et al.: Macronutrient Considerations for the Sport of Bodybuilding. In: Sports Med 2004; 34 (5): 317-327
Tipton et al.: Ingestion of Casein and Whey Proteins Result in Muscle Anabolism after Resistance Exercise. In: Med Sci Sports Exerc. 2004 Dec;36(12):2073-81
Di Pasquale: Amino Acids and Proteins for the Athlete. Boca Raton, 1997.
Lemon: Beyond the Zone: Protein Needs of Active Individuals. In: Journal of the American College of Nutrition, Vol. 19, No. 5, 513S-521S (2000).
Welle: Human Protein Metabolism. New York 1999.
Wolfe: Protein supplements and exercise. In: Am J Clin Nutr. 2000 Aug;72(2 Suppl):551S-7S.
Borsheim et al.: Effect of carbohydrate intake on net muscle protein synthesis during recovery from resistance exercise. In: J Appl Physiol. 2004 Feb;96(2):674-8.
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